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Boris Pistorius, Bundesminister der Verteidigung, kämpft im Bundestag für das neue Gesetz.

© IMAGO/Political-Moments/imago

Neues Wehrdienstgesetz ist beschlossen: Im Verteidigungsmodus sind sie schon

Die Bedrohungslage ist ernst, die Antwort der Koalition ist entschlossen. Und richtig. Für zukünftige Sicherheit in Europa braucht es mehr Soldaten. Die Grundlage ist gelegt.

Stephan Casdorff
Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Stand:

Das Wort ist ein nahezu unaussprechliches Ungetüm, aber die Koalition beherrscht die Sache. Ihr „Wehrdienst-Modernisierungsgesetz“ ist im Bundestag beschlossen. Und zwar mit ordentlicher Kanzlermehrheit, ohne Zittern, mit 323 Stimmen.

Hier waren Schwarz und Rot nicht gefährdet. Im Verteidigungsmodus sind sie freilich schon. Ein Schulstreik gegen die Wehrpflicht, Jugendorganisationen in bundesweitem Protest – Begeisterung im Land sieht anders aus. Und das ausgerechnet bei denen, die für eine sichere Zukunft gewonnen werden müssen.

Aber die Sache lässt sich erklären. Ziel des Gesetzes ist, die Zahl aktiver Soldaten bis 2035 von 183.000 auf 260.000 zu erhöhen. Dazu sollen 200.000 Reservisten kommen. Anlass ist die seit dem Ukrainekrieg verschärfte Bedrohungslage. Europa und Deutschland sollen sich wehren können.

Hier muss die Bundesregierung in die Offensive gehen. Sie wird viel erklären müssen – und können –, warum dieses Gesetz nötig war. Wahr ist nämlich, was Minister Boris Pistorius sagt: dass die Bundeswehr die Freiheit auch der Andersdenkenden schützt. Wenn sie kann.

Es kann gut sein, dass das Paket wirkt. Sollte es auch, schnell sogar. Bisher war das mit dem Aufwuchs bei der Truppe ja nicht eben erfolgreich.

Stephan-Andreas Casdorff

Mögen die Jungen erst einmal abweisend sein, das Gesetz ist insgesamt ziemlich lebensnah. So gibt es Anreize für einen freiwilligen Dienst, die sich sehen lassen können, pro Monat 2600 Euro brutto etwa, oder ein Zuschuss zum Führerschein. Und wer den Dienst an der Waffe ablehnt, lässt sich vielleicht für soziale Freiwilligendienste werben.

Mehrheit in der Bevölkerung ist für eine Wehrpflicht

Es kann gut sein, dass das Paket wirkt. Sollte es auch, schnell sogar. Bisher war das mit dem Aufwuchs bei der Truppe ja nicht eben erfolgreich. Seit 2018 versucht sie, von 181.000 Soldatinnen und Soldaten auf 203.000 zu kommen – dieses Jahr sind es gerade mal 3000 mehr, 184.000. Da muss noch ganz schön viel kommen. Zumal jährlich auch 20.000 Soldaten den Dienst quittieren.

Ab 2027 muss das Verteidigungsministerium alle sechs Monate den Fortschritt bei den Zahlen dem Bundestag melden. Der müsste, wenn die Verpflichtungszahlen verfehlt werden, neu entscheiden, dann über eine Bedarfswehrpflicht. Das ist insofern gut, als die Bundeswehr ja keiner Regierung gehört, sondern eine Parlamentsarmee ist.

Der ganze Streit über die Wehrpflicht könnte also wieder aufflackern. Allerdings ist die Bundesbevölkerung jetzt schon mit großer Mehrheit für die Rückkehr zur Wehrpflicht ohne Wenn und Aber. Das ist auch so eine Art Kanzlermehrheit.

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